Betriebsfestigkeit

Potential Hochfest

Nutzung von Potentialen höherfester Stähle durch Schweißprozessoptimierung und Entwicklung neuer lokaler Bemessungskonzepte

Motivation

Durch den Einsatz von höherfesten Stählen werden in vielen Anwendungsbereichen zahlreiche Möglichkeiten eröffnet: Im Automobilbau können durch die hohe Zugfestigkeit in den relevanten Karosseriebereichen die Sicherheit erhöht und Leichtbau betrieben, im Kranbau, insbesondere bei niedrigzyklischer Belastung, die maximale Traglast und dadurch die Wirtschaftlichkeit verbessert und z.B. im Brückenbau architektonisch neue Konzepte verwirklicht werden. Diese Möglichkeiten werden durch die hohe statische Festigkeit erreicht. Bei hoch-zyklisch beanspruchten Komponenten kann dieses Potential jedoch in den meisten Fällen nicht genutzt werden. Der Grund hierfür ist, dass üblicherweise als kostengünstiges Füge-verfahren das MAG-Schweißen zum Einsatz kommt. Durch das Schweißen werden jedoch scharfe Kerben eingebracht, die zu einer Unabhängigkeit der Schwingfestigkeit von der Werkstofffestigkeit führen. Dieses Problem soll nun auf zwei Stufen gelöst werden: Es soll einerseits eine Optimierung von Verfahren zum Schweißen von hochfesten Stahl-Werkstoffen erfolgen, so dass das Potential dieser Stähle in Bezug auf die Schwingfestigkeit durch eine gezielte Steuerung des Schweißprozesses nutzbar gemacht werden kann. Zudem sollen Bewertungsverfahren weiterentwickelt werden, mit denen die Schwingfestigkeit derartiger Schweißverbindungen unter Berücksichtigung der Werkstoffhärte bewertet werden kann. Ohne diesen zweiten Schritt wäre eine Umsetzung, insbesondere bei KMU, die typischerweise regel-werksbasiert auslegen, nicht möglich.

Zielsetzung

Das Forschungsvorhaben enthält zwei übergeordnete Ziele, die beide für die Ausschöpfung des Potentials von hochfesten Stählen erreicht werden sollen. Hier sollen Wege aufgezeigt werden, mit denen der Einsatz von Stählen, die ein weit über den derzeitigen Anwendungsstand hinausgehendes Festigkeitspotential bieten, für schwingbeanspruchte Konstruktionen etabliert werden kann. Das erste Ziel ist es, mit Hilfe einer Schweißprozessoptimierung möglichst kerbarme Nahtgeometrien (milde Kerbe) reproduzierbar zu erzeugen. Das zweite Ziel ist es, ein Bewertungskonzept zu entwickeln, mit dem eine zuverlässige Bewertung der hochqualitativen Schweißnähte möglich ist.

Lösungsweg

Schweißprozessoptimierung:

Auf Basis der Literaturdaten und eigener Voruntersuchungen wird erwartet, dass hierdurch eine signifikante Erhöhung der Schwingfestigkeit erzielt werden kann. In einem zweiten Schritt wird über Schwingfestigkeitsversuche der Zusammenhang zwischen Schwingfestigkeit und herstellungsbedingter Güte der Verbindungen geklärt. Über einen Vergleich der Schweißnahtgüte und der erreichten Schwingfestigkeitskennwerte können fertigungstechnische und praxisgerechte Maßnahmen empfohlen werden, wie ein Schweißprozess durchgeführt werden muss, um schlussendlich eine Schweißverbindung mit hoher Schwingfestigkeit fertigen zu können

Entwicklung eines Bewertungskonzeptes:

Gemäß den theoretischen Grundlagen für das Kerbspannungskonzept mit r = 1.0 mm ist dieser Radius für schlechte Nähte mit scharfen Kerben abgeleitet (worst-case Annahme einer rissartigen Kerbe). Es existieren jedoch Bewertungskonzepte, mit denen die reale Geometrie in die Bewertung einbezogen werden kann. Hierbei sollte dann auch die Festigkeit des Grundwerkstoffs Einfluss haben, wie sie typischerweise auch bei gekerbten (nicht-geschweißten) Bauteilen vorhanden ist. Auf Basis dieser Grundlagen, den Versuchen an Schweißnaht-ähnlichen Geometrien und an Schweißnähten wird ein erweitertes kerbspannungsbasiertes Bemessungskonzept abgeleitet, dass den speziellen Eigenschaften und Anforderungen hochfester Stähle in besonderem Maße gerecht wird und diesen den verstärkten Einzug in schwingbeanspruchte Konstruktionen ermöglicht. Die Erweiterung umschließt im Detail drei wesentliche Aspekte:

• Berücksichtigung der Festigkeit der Grund- und Zusatzwerkstoffe

• Berücksichtigung der tatsächlich vorliegenden Nahtgeometrie

• Berücksichtigung der Schweißeigenspannungen

Ergebnisse

Schweißnahtoptimierung:

Das Ziel der Schweißprozessoptimierung bestand darin eine möglichst kerbarme Nahtgeometrie (milde Kerbe) reproduzierbar zu erzeugen. Dies wurde im Zuge des Projektes für WIG-geschweißte Stähle erreicht. Bei MAG Schweißung ist zur Erfüllung dieses Ziels eine WIG-Nachbehandlung notwendig. Eine Verbesserung der Schweißnahtparameter war durch die Optimierung der Schweißparameter in beiden Fällen möglich.

Entwicklung eines Bewertungskonzeptes:

Das Ziel, ein Bewertungskonzept zu entwickeln, mit dem eine zuverlässige Bewertung der hoch-qualitativen Schweißnähte möglich ist, wurde erfüllt. Bei dem entwickelten Konzept wird die tat-sächlich vorliegenden Nahtgeometrie durch Auswertung der Spannungsgradienten an Modellen, welche aufgrund von Schliffbildern aufgebaut wurden, berücksichtigt. Die Berücksichtigung der Schweißeigenspannungen erfolgt durch eine Mittelspannungstransformation der Summe aus last- und eigenspannungsinduzierten Beanspruchungen. Es wurde beobachtet, dass auf Basis der Untersuchungen eine Berücksichtigung der Werkstoffhärte nicht zu einer verbesserten Be-wertung geführt hat. Für eine sichere Aussagen müsste an dieser Stelle aber eine Überprüfung auf Grundlage einer größeren Menge an hochqualitativen Versuchen durchgeführt werden.

Informationen zur Förderung

Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.366 BG / DVS-Nr.: 09.3051 der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Die Bearbeitung erfolgte am Fachgebiet Systemzuverlässigkeit, Adaptronik und Maschinenakustik SAM der TU Darmstadt unter der Leitung von Herrn Professor Dr.-Ing. Tobias Melz, dem Institut für Füge- und Schweißtechnik der Technische Universität Braunschweig unter Leitung von Prof. Dr.-Ing Klaus Dilger und der Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Halle GmbH unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Steffen Keitel.

Kontakt

M.Sc. Markus Faß; Tel: +49 6151 705 8467; Email: markus.fass@sam.tu-darmstadt.de

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