Aktive Geräuschminderung

InMAR

Intelligent Materials for Active Noise Reduction

Lärm wird mittlerweile als eine der wesentlichen Umweltverschmutzungen weltweit anerkannt. Weil Lärm nicht nur lästig ist, sondern auch krank machen kann, entstehen hierdurch jährlich Kosten, die auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt werden. Europaweit sind mehr als 100 Mio. Menschen von der Schallbelastung betroffen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm sind vielfältig: Lernschwächen von Kindern, Stress, Schwerhörigkeit bis hin zu erhöhtem Herzinfarktrisiko. Diese Problematik ist auf nationaler und europäischer Ebene in einer Vielzahl von Aktivitäten aufgegriffen worden, mit dem Ziel, die Lärmbelastung in den nächsten 10-20 Jahren signifikant zu reduzieren.

Im europäischen Projekt InMAR – Intelligent Materials for Active Noise Reduction – wurde vor diesem Hintergrund die Eignung von Funktionsmaterialien und die Leistungsfähigkeit aktiver Struktursysteme zur Schallbekämpfung untersucht. Um die Vibrationen zu reduzieren, verknüpften die Forscher die sensorische und aktorische Funktion der Werkstoffe mit elektronischen Reglern. Sensoren und Aktoren können gezielt auf veränderliche Betriebsbedingungen reagieren: je nach Schwingungsfrequenz werden entgegengesetzte Schallwellen in die Struktur eingeleitet. Dies reduziert die Ausbreitung der Schallwellen, die Lärmquelle wird aktiv gedämpft. Damit lassen sich mechanische Eigenschaften wie das Dämpfungsverhalten oder die Steifigkeit per Software anpassen. So können mit Funktionsmaterialien Schwingungen gemindert, Lärm reduziert und auch die Kontur von Bauteilen kontrolliert werden.

Das internationales Konsortium, unter der Federführung des Fraunhofer LBF, setzte sich insgesamt aus 42 namhafte Einrichtungen (11 Universitäten, 8 Forschungseinrichtungen, 8 KMUs und 15 industriellen Partnern) aus 13 europäischen Ländern zusammen. Das vom ehemaligen Fachgebietsleiter Prof. Holger Hanselka und Prof. Thilo Bein koordinierte Projekt umfasste ein Projektumfang von 34 Mio. €. Insgesamt investiert das Konsortium 15 Mio. € (50 % des F&E Budgets) aus eigenen Mitteln in dieses Forschungsvorhaben.

Zur Veranschaulichung der Projektergebnisse wurden im InMAR-Projekt verschiedene Demonstratoren mit intelligenten Materialien entwickelt. Stellvertretend für die 23 Teilprojekte im Bereich Automobile, Schienenfahrzeuge und Infrastrukturen können genannt werden:

  • Entwicklung eines PKW-Motorlagers zur aktiven Minderung der Vibrationsübertragung in die Karosserie mit intelligenten Materialien. Durch strukturdynamische Messungen wurden signifikante Übertragungswege und -richtungen des Körperschalls im Frequenzbereich von 0 bis 250 Hz identifiziert. Basierend auf diesen Messdaten wurden mit numerischen Simulationen verschiedene Ansätze des aktiven Eingriffs untersucht.
  • Entwicklung eines Kompressors einer Straßenbahn-Klimaanlage, dessen Schwingungen mit einem aktiven Tilger reduziert werden. Hier nutzt man ein passives Masse-Biegefeder-System, das die Schwingungen des Kompressors in einem bestimmten Frequenzbereich reduziert. Mittels aufgeklebter Piezo-Patches können zusätzliche Schwingungen in den eigentlich passiven Tilger eingeleitet werden, die die Eigenfrequenz des Tilgers im Bereich von – 12 bis + 3 Hz aktiv verändern.
  • Entwicklung eines Schallschutzfensters, um tiefe Frequenzen wie Flugzeuglärm oder Bässe aus Discotheken abzuhalten. Das Fenster kann Testsignale im Frequenzbereich zwischen 50 und 1000 Hz um durchschnittlich sechs Dezibel verringern – der Ton ist hinter dem Fenster nur noch halb so laut. Die Lautstärke einzelner Testsignale kann sogar um bis zu 15 Dezibel reduziert werden.

Mit diesem Projekt ist es gelungen, die europäische Spitzenforschung auf dem Gebiet der aktiven Systeme zu bündeln und ein Gegengewicht zu den Aktivitäten in USA und Asien zu schaffen.

Ausführliche Informationen zum Projekt unter:
InMAR

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